BGH, Urteil vom 19.07.2023 – VIII ZR 229/22
Wohnraummietrecht
Sachverhalt:
Der Mieter hat zum 01.07.2017 eine 38,39 m² große Wohnung in Berlin angemietet. Die Nettokaltmiete betrug zunächst 460 € (11,98 €/m²), wobei die Parteien eine Indexmiete vereinbarten. Die ortsübliche Vergleichsmiete lag bei 255,29 € (6,65 €/m²).
Seit dem 01.06.2015 gilt in Berlin die Mietpreisbegrenzungsverordnung.
In dem der Vermietung an den Mieter vorangegangenen Mietverhältnis zwischen der Vermieterin und dem Vormieter war gemäß Mietvertrag vom 16.06.2015 eine Nettokaltmiete von 422 € (10,99 €/m²) vereinbart worden.
Zuvor hatte die Vermieterin die streitgegenständliche Wohnung seit 01.03.2014 zu einer Nettokaltmiete von 380 € vermietet (im Folgenden: Vor-Vormiete), was nach der in dem dortigen Mietvertrag angegebenen Wohnfläche von „ca. 38 m²“ einem Quadratmeterpreis von 10 € entspricht.
Es ergibt sich folgende Übersicht:
– Mietvertrag vom 01.03.2014, Nettokaltmiete 10,00 €/m² (380,00 € NKM)
– Mietpreisbegrenzungsverordnung seit 01.06.2015
– Mietvertrag vom 16.06.2015, Nettokaltmiete 10,99 €/m² (422,00 € NKM)
– Mietvertrag vom 01.07.2017, Nettokaltmiete 11,98 €/m² (460,00 € NKM)
Mit Schreiben vom 24.04.2021 rügte der Mieter gegenüber der Vermieterin gemäß § 556g Abs. 2 Satz 1 BGB aF einen Verstoß gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) und forderte von der Vermieterin die Herabsetzung der Miete ab dem 01.05.2021.
Der Mieter ist der Auffassung, die nach den Regelungen in §§ 556d ff. BGB zulässige Nettokaltmiete betrage bis zum 31.10.2021 280,82 € und – infolge einer Indexmieterhöhung – seit dem 01.11.2021 296,27 €. Er hat dementsprechend Klage erhoben und die Feststellung begehrt, dass er nicht verpflichtet sei, mehr als 296,27 € Nettokaltmiete zuzüglich der monatlichen Betriebskostenvorauszahlungen zu bezahlen.
Entscheidung:
Der BGH führt wie folgt aus:
Die von dem Mieter zu zahlende Nettokaltmiete betrug bis zum 31.10.2021 monatlich 380,00 € und ab dem 01.11.2021 monatlich 400,90 €. Die Vermieterin kann sich bezüglich der zulässigen Miethöhe gemäß § 556e Abs. 1 Satz 1 BGB darauf berufen, dass sie mit dem Vor-Vormieter vor Inkrafttreten der Regelungen der §§ 556d ff. BGB wirksam eine Miete in Höhe von 380,00 € vereinbart hat.
Der Geltendmachung dieser Vor-Vormiete stehe es nicht entgegen, dass mit dem unmittelbaren Vormieter ein hiervon abweichender höherer und die Preisgrenze des § 556d Abs. 1 BGB überschreitender Mietzins vereinbart worden ist.
Geschuldete Vormiete im Sinne von § 556e Abs. 1 BGB ist bei einem Vormietverhältnis, das ebenfalls bereits den Regelungen über die Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (§§ 556d ff. BGB) unterlag, die Miete, die nach diesen Vorschriften zulässig gewesen ist. War die ursprünglich vereinbarte Vormiete demnach unzulässig überhöht, ist als geschuldete Vormiete die gemäß § 556g Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB auf die zulässige Höhe reduzierte Miete anzusehen.
Ziel der Gesetzesnovelle war es, Steigerungen der Mieten bei Neuvermietungen zu verhindern, nicht jedoch, eine Verminderung des im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehenden Mietniveaus zu bewirken. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung, dass Zweck der neu eingeführten Vorschriften nicht die Absenkung bereits vereinbarter Mietentgelte sei und ein Vermieter nicht gezwungen sein solle, die im vorherigen Mietverhältnis geschuldete Miete zu senken