BGH, Urteil 11.10.2016 – VIII ZR 300/15
Wohnraummietrecht
Sachverhalt:
Der Vermieter hat der Mieterin einer Einzimmerwohnung wegen Eigenbedarfs zum 30. Januar 2012 gekündigt und geltend gemacht, die Wohnung werde „dringend“ benötigt, um seine pflegebedürftige, im Jahr 1926 geborene Mutter, die allein in ihrem Einfamilienhaus lebte, aufzunehmen. Im nachfolgenden Räumungsrechtsstreit haben sich die Parteien auf einen Auszug der Mieterin bis zum 31. August 2012 geeinigt. Seit dem Auszug der Mieterin im August 2012 steht die von ihr geräumte Wohnung leer. Die Mutter des Vermieters zog nicht um und verstarb im November 2014. Die Mieterin ist der Auffassung, dass die Mutter des Vermieters ihr Haus niemals habe verlassen wollen und nimmt den Vermieter auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs auf Schadensersatz in Höhe von etwa 23.000 € in Anspruch.
Entscheidung:
Der BGH verweist den Rechtsstreit zurück an das Berufungsgericht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung . Der BGH führt jedoch aus, für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB reicht eine sogenannte Vorratskündigung, der ein gegenwärtig noch nicht absehbare Nutzungswunsch der Eigenbedarfsperson zugrunde liegt, nicht aus. Vielmehr muss sich der Nutzungswunsch soweit „verdichtet“ haben, dass ein konkretes Interesse an einer alsbaldigen Eigennutzung besteht. Setzt der Vermieter den behaupteten Selbstnutzungswille nach dem Auszug des Mieters nicht in die Tat um, so liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben gewesen ist. Unter diesen Umständen ist es dem Vermieter zuzumuten, substantiiert und plausibel („stimmig“) darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein soll. Hierbei sind strenge Anforderungen zu stellen. Erst wenn der Vortrag des Vermieters diesem Maßstab genügt, obliegt dem Mieter der Beweis, dass ein Selbstnutzungswille des Vermieters schon vorher nicht bestand.